Weinkörper – Die See­le des Wei­­nes

Reales Kriterium oder fan­ta­sie­vol­le Um­schrei­bung? Was ge­nau ver­steht man un­ter »Wein­kör­per«?

Gast­bei­trag von Chef-Som­me­líer Jean-Jac­ques Mar­cel

Der Begriff »Weinkörper« bzw. »Kör­per« de­fi­niert ei­nen von vie­len, ge­schmack­li­chen As­pek­ten beim Wein­ge­nuss und trägt da­zu bei, dass ein Wein in der Wein­spra­che mit »voll und dicht« bzw. »voll­mun­dig«, »kraft- und ge­halt­voll« oder »ex­trakt­reich und kom­plex« be­schrie­ben wird.

Der Kör­per ist das Rück­grat, die Subs­tanz des Wei­nes. So­mit ent­schei­det der Kör­per ei­nes Wei­nes zu ei­nem ge­wis­sen Teil über des­sen Ge­schmack. Fehlt es Wei­nen be­stimm­ter Aus­bau­sti­le an Subs­tanz, sind sie nicht sel­ten aus­drucks­los oder an­ders for­mu­liert: »See­len­los – eben ein Kör­per oh­ne See­le!«

Jedoch nicht al­lein der Kör­per, auch die Aus­ge­wo­gen­heit und Ba­lance von Säu­re und Rest­sü­ße, Frucht-, Tan­nin- und Al­ko­hol­ge­halt, tra­gen zum Ge­schmack ei­nes Wei­nes bei. In der Sum­me die Fak­to­ren, die den Ge­schmack ei­nes Wei­nes be­stim­men so­wie hoch­wer­ti­gen Wei­nen zu ih­rer Trink­rei­fe und im Zu­ge der La­ge­rung spä­ter hin­zu­kom­men­den « Ele­gance » ver­hel­fen.

Dies be­deu­tet je­doch nicht, daß ein kör­per­rei­cher Wein zwin­gend bes­ser als ein kör­per­ar­mer sein muss. Er muss auch nicht – wie vor­herr­schend an­ge­nom­men wird – un­be­dingt viel Al­ko­hol be­sit­zen.

Der Alkohol­an­teil ei­nes Wei­nes ist – ge­nau wie der Wein­kör­per – nur ei­ner der Fak­to­ren, die in der Sum­me mit wei­te­ren, im Wein vor­han­de­nen Stof­fen und Subs­tan­zen zum Ge­schmack ei­nes Wei­nes bei­trägt. Zu die­sen zählt auch der Ex­trakt­an­teil. Der Ex­trakt, d. h. die im Wein ge­lös­ten, nicht flüch­ti­gen In­halts­stof­fe, tra­gen ei­nen wich­ti­gen Teil zum Ge­schmack ei­nes Wei­nes bei. Men­ge und Was­ser­an­teil der ge­ern­te­ten Re­ben ei­nes Reb­stocks, ent­schei­den da­bei in ho­hem Maß über den spä­ter vor­han­de­nen Ex­trakt­an­teil des Wei­nes. Je mehr ein Reb­stock in der Quan­ti­tät sei­ner Re­ben be­schränkt – in der Fach­spra­che »aus­ge­geizt« – wird, des­to ex­trakt­rei­cher, hö­her­wer­ti­ger und halt­ba­rer sind im Re­gel­fall die spä­te­ren Wei­ne, die aus den ver­blie­ben­den Re­ben ge­kel­tert wur­den.

Auch die Rebsorte, spielt für den Körper eines Wei­nes eine wichtige Rolle: Ein Chardonnay wird in der Regel immer mehr Körper aufweisen, als ein Riesling im »trockenen« Bereich.

Beispiele verschiedener Weinkörper

Der Einstieg in die Welt der Wein­sti­le. Leicht und un­be­schwert, las­sen sich die­se Wei­ne ge­nie­ßen ...

Moschofilero – leicht

Winzer: Laf­kio­tis Wi­nery S.A., Ar­chai­es Kleo­nes, Ko­rinth - Ne­mea, Grie­chenland
Farbe/Typus: frucht­be­ton­ter, tro­cke­ner Weiß­wein
Rebsorte: Moscho­fi­le­ro
Alkoholgehalt: 12 % Vol.
Geschmack: Die Mos­cho­fi­le­ro-Re­be ist ei­ne an­ti­ke, au­toch­tho­ne Reb­sor­te und stammt von der Pe­lo­pon­nes.  In der der Na­se prä­sen­tiert sich der frisch-fruch­ti­ge Weiß­wein mit fri­schen blu­mi­gen Aro­men und An­klän­gen von Zi­trus­früch­ten.

Diesen ge­sellt sich am Gau­men ei­ne leicht wür­zi­ge No­te hin­zu. Gut ge­kühlt, ein idea­ler Schop­pen­wein an lau­en Som­mer­ta­gen, so­lo im Gar­ten oder auf der Ter­ras­se ge­nos­sen oder als per­fek­ter Be­glei­ter zu Mee­res­früch­ten, Fisch und leich­ten me­di­ter­ra­nen Ge­rich­ten.

Bezugsquelle: NIK THE GREEK »

Grüner Veltliner – leicht

Winzer: Winzer Bern­hard Ott, Wag­ram, Ös­ter­reich
Farbe/Typus: zart­fruch­ti­er Weiß­wein
Rebsorte: Grü­ner Velt­li­ner
Alkoholgehalt: 11,5 % Vol.
Geschmack: Fri­sches Stein­obst (Pfir­sich), ein deut­li­ches Blü­ten­bu­kett und Heu prä­gen den Duft die­ses wun­der­ba­ren Velt­li­ners.

Am Gaumen wer­den die Aro­men von ei­ner fei­nen Ta­bak­no­te und dunk­ler Wür­ze er­gänzt. Die Textur ist an­ge­nehm sprit­zig, saf­tig und ele­gant. Die Säu­re frisch und ein­la­dend, der Kör­per zwar schlank, aber auch cre­mig mus­ku­lös. Fi­li­gra­ne Frucht­no­ten be­glei­ten die­sen herr­li­chen Velt­li­ner für je­den Tag auch am Gau­men, um in ei­nem zart­fruch­ti­gen zi­tri­schen Ab­gang zu ent­schwe­ben.

Bezugsquelle: Pinard de Picard »

 



Die Weine dieses Stils kön­nen sich nicht so recht ent­schei­den, ob sie noch »Kind« oder schon »halb­star­k« sein wollen, was sie um so lie­bens­wer­ter und viel­fäl­ti­ger kom­bi­nier­bar macht.

Malagousiá – leicht bis mittel­kräf­tig

Winzer: Van­ge­lis Ge­ro­vas­sil­li­ou
Farbe/Typus: frucht­be­ton­ter, tro­cke­ner Weiß­wein
Rebsorte: Mala­gou­ziá
Alkoholgehalt: 13,5 % Vol.
Geschmack: Fruch­ti­ges Aro­ma, ge­prägt von fri­schen Zi­trus­früch­ten (Zi­tro­ne, Oran­ge, Pam­pel­mu­se) und Oran­gen­blü­ten.

Am Gaumen prä­sen­tiert er sich un­ver­wech­sel­bar fruch­tig und saf­tig, leicht und er­fri­schend.

Bezugsquelle: NIK THE GREEK »

Beaujolais (Gamay) – leicht bis mit­tel­kräf­tig

Winzer: Do­maine L. C. Des­vig­nes – Mor­gon, Beau­jo­lais, Frank­reich
Farbe/Typus: körperreicher Rotwein
Rebsorte: Ga­may
Alkoholgehalt: 13,5 % Vol.
Geschmack: In der Na­se sub­ti­le Aro­men nach ro­ten Früch­ten (Him­bee­ren, Kir­sche), de­nen sich der Duft nach hel­ler Scho­ko­la­de hin­zu­ge­sellt.

Am Gaumen prä­sen­tiert sich der « Mor­gon La Voute Saint Vin­cent » mit ei­nem putz­mun­te­ren Säu­re­spiel, dem sich rei­fe dunk­le Him­bee­ren und fei­ne Kräu­ter hin­zu­ge­sel­len.

Bezugsquelle: Pinard de Picard »



Die »Goldene Mitte« der ver­schie­denen Wein­sti­le und der wohl am wei­tes­ten ver­brei­te­te Stil. Der ide­ale Es­sens­be­glei­ter schlecht­hin.

Assyrtiko »Santorini« – mit­tel­kräf­tig

Winzer: Ar­gy­ros, Pyr­gos, Kal­lis­tis – auf San­to­ri­ni in Grie­chenland
Farbe/Typus: frucht­be­ton­ter Weiß­wein
Rebsorte: As­syr­ti­ko
Alkoholgehalt: 13,5 % Vol.
Trinktemp.: 8–10 °C
Geschmack: Vorbild­li­cher As­syr­ti­ko mit hel­ler stroh­gel­ber Far­be. In der Na­se deut­li­che Aro­men nach exo­ti­schen Zi­trus­früch­ten (Li­met­te, Pam­pel­mu­se), Lit­schi-Frucht, Kräu­tern und Mi­ne­ra­lien.

Am Gaumen ver­leiht der na­tür­li­che ho­he Säu­re­ge­halt der As­syr­ti­ko-Re­be dem Wein viel Fri­sche. Die Säure wirkt ani­mie­rend. Die zar­te Holz­no­te un­ter­streicht die er­di­gen Ei­gen­schaf­ten der As­syr­ti­ko-Re­be.

Bezugsquelle: Vin du Sud »

Spätburgunder – mittel­kräf­tig

Winzer: Wein­gut Manz GbR, Wein­olz­heim, Rhein­land-Pfalz
Farbe/Typus: frucht­fri­scher, wür­zi­ger Rot­wein
Rebsorte: Spät­­bur­­gun­­der ali­as Pi­not Noir
Alkoholgehalt: 13 % Vol.
Geschmack: In der Na­se prä­­sen­­tiert sich der Spät­bur­gun­der des Wein­guts Manz in ei­nem mit­tel­dich­ten Ru­bin­rot mit gra­nat­ro­ten Re­fle­xen. Im Duft bie­tet er ein aro­ma­ti­sches Bu­kett nach Kir­sche und Schwar­ze Jo­han­nis­bee­re mit ei­ner schö­nen Spät­bur­gun­der–Ty­pi­zi­tät. Er über­rascht auch mit fei­ner Wür­ze.

Auf der Zunge rhein­hes­si­sche Spät­bur­gun­der saf­tig, frisch und fruch­tig. Sei­ne aro­ma­ti­sche Viel­falt trägt ihn über den Gau­men in ei­ner sam­ti­gen, har­mo­ni­schen Art. Der Wein hat eine gu­te mitt­le­re Dich­te und ei­ne or­dent­li­che Län­ge. Es ist ein »Pi­not Noir–Er­leb­nis« für den Ein­stieg, der viel Spaß macht und ein Quänt­chen mehr hat, nicht nur für Pi­not–Freun­de.

Kleines Weinwissen: In Deutschland werden Spät­bur­gun­der, die ge­mäß fran­zö­si­schem Vor­bild nach ei­nem be­stimm­ten Aus­bau­stil pro­du­ziert wur­den, auch ger­ne als « Pi­not Noir » be­zeich­net und ver­mark­tet.

Manz – Spätburgunder trocken 2019
Bezugsquelle: SILKES WEINKELLER



Imposant und kräftig, nicht zu über­sehen, kom­men sie da­her und ge­nau das ist der Grund, dass man sie – ein­mal ge­nos­sen – nie wie­der ver­gisst. Wei­ne, die man im­mer wie­der ge­nie­ßen möch­te ...

Asprouda Serron – kräftig

Winzer: Domaine Ne­rant­zi in Pen­­ta­­po­li, Nord­grie­chen­land
Farbe/Typus: frucht­be­ton­ter, ex­­trak­t­rei­­cher Weiß­wein
Rebsorte: As­prou­da Ser­ron
Alkoholgehalt: 13% Vol.
Geschmack: Dieser an­­­spruchs­­­vol­­­le „Ma­ke­do­nier“ wird aus­­­schließ­­­lich aus der sel­te­nen wei­­­ßen, au­toch­tho­nen Reb­sor­te As­­prou­­da ge­won­nen. Tie­fe Gold­­far­­be, in der Na­se viel gel­be Frucht, Zi­­tro­­nen­­con­­fit (Zi­tro­ne in Salz ein­ge­legt), ge­rös­te­ter Se­sam, fri­­scher Sal­bei.

Am Gau­men weich und cre­mig, ohne über­flüs­si­ge Opu­lenz. Aus­ge­präg­te Mi­ne­ra­li­tät. In der Stil­­rich­­tung ei­ner Top-Cu­vée aus dem nörd­li­chen Rhône­tal. Ein ab­so­lu­ter Traum mit Sucht­ge­fahr!

Bezugsquelle: *Vin de Sud

Agiorgítiko – kräf­tig

Winzer: Win­zer­fa­mi­lie Par­pa­rous­sis, Pat­ras, Pe­lo­pon­nes, Grie­chen­land
Farbe/Typus: kräf­ti­ger Rot­wein
Rebsorte: Agior­gi­ti­ko
Alkoholgehalt: 13,5 % Vol.
Geschmack: Rubin­gra­nat­rot mit Oran­gen­schim­mer, ge­reif­te Na­se mit No­ten von Dörr­pflau­men, ka­ra­mel­li­sier­ten Bee­ren (ro­te Grüt­ze), Ze­der, Un­ter­holz und war­men ori­en­ta­li­schen Ge­wür­zen (Kar­da­mon/Zimt­blü­te/Anis).

Am Gaumen weich, rund und opu­lent, mit ver­füh­re­rischen No­ten nach ro­ten Bee­ren, Pflau­men­frucht und Schwarz­kir­sche. Die Tan­ni­ne sind prä­sent und gut ein­ge­bun­den. Zar­te Bit­ter­scho­ko­la­den­no­te im Ab­gang.

Bezugsquelle: *Vin Du Sud



Basiswissen: Brattemperaturen für Öle und Fette

Alarmstufe Rot: Rauchtemperatur erreicht!

Wenn es in der Pfanne raucht, ist das ein un­trüg­li­cher Hinweis darauf, dass die maximal nutz­ba­re Brat­tem­pe­ra­tur des Öls oder Fetts über­schrit­ten wurde. Dieser Zustand wird als »Rauch­­punkt« be­zeich­net, gemessen wird die kri­ti­sche Tem­pe­ra­tur in Grad Cel­sius.

Verschiedene Öle und Fette im Vergleich

Mit viel Rechercheleistung hat das Team von »Ger­ne­kochen – Mit Wein ge­nie­ßen« eine Tabelle mit den am häu­figs­ten ver­wen­de­ten Ölen und Fetten zu­sam­men­ge­stellt. Was geht und was nicht?

Unsere »Brattemperaturen für Öl­e und Fet­te-Ta­bel­le« liefert die Antworten und einen auf­schluss­rei­chen Über­blick.

Brattemperaturen für Öle u. Fette


Kerntemperaturen und »Slow Cooking« – der neue (alte) Trend

– durch ein Braten-Kern­ther­mo­me­ter Fleisch und Fisch op­ti­mal ga­ren

Die wich­tigs­ten Gar­gra­de und de­ren em­pfoh­le­ne Kern­tem­pe­ra­tu­ren. So ga­ren Sie Rind, Kalb, Lamm, Wild, Schwein, Fisch und Ge­flü­gel per­fekt auf den Punkt. Wis­sens­wer­tes über: »Slow Coo­king – der neue (alte) Trend« und wert­vol­le Hin­ter­grund­in­fos zum The­ma Lang­zeit­ga­ren er­gän­zen un­se­ren Bei­trag.

Kerntemperaturen u. Slow Cooking
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